Frau Prof. Mostaghim, lassen Sie uns auf Ihr erstes halbes Jahr als neue Institutsleiterin zurückblicken. Wie ist Ihr erster Eindruck vom Fraunhofer IVI und dem Standort Dresden?
Mein erster Tag am Fraunhofer IVI war ein Highlight. Alle haben mich herzlich empfangen, und ich habe mich vom ers-ten Moment an zu Hause gefühlt. Ich bin wirklich begeistert von meiner wissenschaftlichen Aufgabe am Institut und bin fest davon überzeugt, dass unsere Forschung eine wichtige und wegweisende Rolle für unsere Gesellschaft spielt. Die Themen des Fraunhofer IVI rund um die Entwicklung von Schlüsseltechnologien für Verkehrs- und Infrastruktursysteme bilden den Kern innovativer wissenschaftlicher Forschung und industrieller Großprojekte, die für eine bessere Zukunft für alle Menschen von entscheidender Bedeutung sind. Wir setzen uns gemeinsam dafür ein, neue Technologien für ein besseres Leben für uns und die nächsten Generationen zu entwickeln, und ich freue mich sehr zu sehen, dass unsere Projekte einen großen Einfluss auf die Innovationen der nächsten Jahrzehnte haben.
Als Inhaberin des Lehrstuhls »Computational Intelligence« an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg war bislang die eher grundlagenorientierte Universitätsforschung Ihr Zuhause. Worin bestand für Sie der besondere Reiz, die Leitung eines Fraunhofer-Instituts mit starkem Fokus auf angewandter Forschung zu übernehmen?
Die Philosophie Joseph von Fraunhofers »Forscher, Erfinder und Unternehmer« sind im Grunde die Leitprinzipien meiner eigenen Forschung, die ich in den letzten zwei Jahrzehnten aufgebaut habe. Ich bin der festen Überzeugung, dass gute theoretische Arbeiten nur dann erfolgreich sein können, wenn wir sie in der Praxis anwenden können. An der Universität Magdeburg arbeite ich an theoretischen Grundlagen, Simulationen und Hardware-Implementierungen in meinem SwarmLab, welches ich 2014 aufgebaut habe. Am Fraunhofer IVI habe ich nun eine größere Plattform für größere industrielle Anwendungen. Das war eine Vision, die nun Wirklichkeit werden kann.
Sie haben die Nachfolge von Prof. Matthias Klingner angetreten, der das Institut über 20 Jahre lang geprägt hat. Auf welche Themen werden Sie den Fokus Ihrer Forschung legen und welche neuen Schwerpunkte möchten Sie am Institut setzen?
Verkehr und Mobilität sind das Herzstück neuer revolutionärer Themen im Zeitalter der Digitalisierung und des Klimawandels. Daher sehe ich ein großes Potenzial für visionäre Themen auf diesem Gebiet, auf die ich unsere Forschung ausrichten möchte. Das Fraunhofer IVI hat bereits einen hervorragenden Stand in Sachen Management und Projektakquise. Die wesentlichen Bestandteile wie Organisationsstruktur, Forschungsgruppen, Förderprofil, Personalstrukturen und Infrastruktur sind bestens aufgestellt. Unter Beibehaltung und Fortführung des erfolgreichen Status quo werden wir neue Forschungsschwerpunkte setzen, den wissenschaftlichen Impact erhöhen und neue Kooperationen aufbauen. Außerdem strebe ich eine transparente Führungsstruktur an, um die Institutskultur zu bereichern und ein vielfältiges, integratives und internationales Arbeitsleben für alle zu gestalten.
Welche Ziele haben Sie sich für das Fraunhofer IVI im Jahr 2025 gesteckt?
Ich habe eine lange Liste von Zielen für dieses Jahr. Wir haben bereits im Januar mit dem Strategieprozess begonnen, der uns das ganze Jahr über begleiten wird. Außerdem haben wir eine neue Forschungsgruppe für Schwarmtechnologien geschaffen, um unser Forschungsportfolio zu erweitern. Dies wird großzügig durch das Fraunhofer-Programm Attract gefördert. Außerdem werden wir die Zusammenarbeit mit der TUD und der OVGU intensivieren. Wir werden eine neue Abteilungsleiterstelle besetzen, die mit einer Professur an der TUD gekoppelt sein wird. Zusätzlich möchte ich unsere Sichtbarkeit erhöhen, indem wir neue Plattformen für den Austausch mit unseren nationalen und internationalen Partnern erschließen. Ich freue mich sehr, dass wir den ersten Schritt in der Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer IVI und der Uni Magdeburg getan haben und der erste Doktorand an der Uni Magdeburg immatrikuliert ist. Zudem werden wir nach Möglichkeiten suchen, die Diversität zu erhöhen und mehr Teilhabe zu ermöglichen. Durch den Strategieprozess in diesem Jahr können wir weitere Potenziale identifizieren, die wir Schritt für Schritt umsetzen werden.
Wie haben Sie bisher das Institutsleben und das Miteinander der Kolleginnen und Kollegen wahrgenommen?
Offen, kompetent, professionell.
Neben Ihrer Funktion am Institut und der Professur an der OVGU und sind Sie Mitglied in zahlreichen Gremien, darunter der Digitalrat des Landes Sachsen-Anhalt. Wie könnten in Zukunft Synergien mit dem Fraunhofer IVI entstehen?
Angesichts der großen Wirkkraft der Arbeit des Fraunhofer IVI auf Regional-, Bundes- und Landesebenen sehe ich es als meine Aufgabe an, die Beiträge des Fraunhofer IVI in all diesen Strukturen aktiv bekannt zu machen. Mit den Kooperationen haben wir bereits begonnen. Beispielsweise beabsichtigen wir, die Zusammenarbeit mit dem Land Sachsen-Anhalt zu intensivieren. Im März 2025 besuchte uns im Zuge dessen der Staatssekretär hier am Institut in Dresden. Bei unserem ersten Treffen wurden fünf Themen für zukünftige Kooperationen identifiziert. Es geht also recht gut voran. Die enge Vernetzung meiner eigenen lngjährig Gremientätigkeit mit den am Institut etablierten Plattformen der fachlichen Zusammenarbeit ist ein Ziel, das mir persönlich ganz besonders am Herzen liegt.