Linieneinsatzanalyse von Hybridbussen

Ausgangssituation

In den Jahren 2006 bis 2009 stellten verschiedene Bushersteller erste Prototypen von Hybridbussen der Öffentlichkeit vor. Die Firma Solaris Bus & Coach S. A. lieferte den Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB AG) sowie den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB GmbH) bereits in den Jahren 2005 / 2006 jeweils ein seriennahes Fahrzeug, das mit einem leistungsverzweigten Hybridsystem des Getriebeherstellers Allison Transmission ausgerüstet ist. Die zweite Generation, mit verkleinertem Verbrennungsmotor, angetriebener C-Achse sowie verbesserter Kühlung des Antriebstrangs, ist seit 2008 u. a. bei der üstra Hannoversche Verkehrsbetriebe AG im Einsatz.

Bei der Anschaffung zukünftiger Hybridbusse sind neben den ökologischen auch ökonomische Faktoren zu berücksichtigen. So müssen sich die anfallenden Mehrkosten über die Produktlebensdauer durch Kraftstoffeinsparungen, Verschleißreduktion und Wartungsarmut amortisieren.

Zur objektiven Bewertung von Hybridbussen wurden die Fahrzeuge in Dresden, Leipzig sowie Hannover in umfangreichen Messkampagnen mit konventionell angetriebenen Dieselbussen verglichen.

Projektbeschreibung

Im Zuge einer repräsentativen Messkampagne wurden durch das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI die Daten der beiden Testfahrzeuge im täglichen Linieneinsatz aufgezeichnet und ausgewertet. Der Untersuchungszeitraum erstreckte sich in allen Fällen über einen Zeitraum von 12 Monaten, wobei die Fahrzeuge täglich zwischen 16 und 18 Stunden im Einsatz waren.

Der parallele Fahrzeugeinsatz erfolgte auf Linien, welche für das zu testende Hybridfahrzeug besonders große Verbrauchseinsparungen erwarten ließen. Die Linien wurden unter Berücksichtigung von Fahrgastaufkommen, Höhenprofil sowie Haltestellenabstand für die Analyse in charakteristische Streckenabschnitte aufgeteilt. Zusätzliche Auswertungen entsprechend gewünschter zeitlicher Intervalle, bspw. Ferienzeiten, Messetermine oder Haupt- und Nebenverkehrszeiten, waren ebenfalls möglich.

Messtechnik

Verteilung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs je Streckenabschnitt auf der Linie 82 in Dresden.

Mit Hilfe eines Echtzeit-Controllers konnten alle verfügbaren Zustandsgrößen des bordseitigen Datenbusses (CAN) und der Fahrgastzählanlage sowie die aktuelle GPS-Position für jeden Weg- und Zeitpunkt exakt aufgezeichnet werden (Abbildung 2). Die Kenngröße Kraftstoffmenge wurde durch Messungen mit einem Kraftstoffdurchflusssensor verifiziert und in regelmäßigen Intervallen mit den Tankdaten der Verkehrsbetriebe abgeglichen.

Die gewonnenen Messdaten, aus denen sich Beschleunigungs-, Strecken-, Geschwindigkeits-, Leistungs- und Verbrauchsprofile für jedes Fahrzeug und für jeden gewünschten Zeitraum generieren lassen, wurden dazu in einer Datenbank hinterlegt. Entwickelte Computerprogramme gestatten eine schnelle und sichere Aufbereitung und Auswertung der Rohdaten.

Leistungen

Mit Hilfe von Testfahrten auf ÖPNV-Linien sowie mit standardisierten Testzyklen im Prüfgelände können wichtige Erkenntnisse zur nachweisbaren Antriebsstrangoptimierung und zum korrekten Fahrzeugvergleich ermittelt werden.

Die im Linieneinsatz ermittelbaren Daten können durch das Fraunhofer IVI bezüglich des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs je Streckenabschnitt, Zeitintervall und in Abhängigkeit von den Fahrgastzahlen, der Durchschnittsgeschwindigkeit und der Fahrplanabweichung bewertet werden. Der Vorteil der Messmethode liegt dabei in der genauen Lokalisierung der potentiellen Energieeinsparabschnitte.

Kosten- / Nutzenanalysen berücksichtigen alle innerhalb eines Testzeitraums auftretenden sowie zukünftig abschätzbaren Kosten für Anschaffung, Zinsen, Ausrüstung, Schulung, Wartung und Instandhaltung je Fahrzeug. Szenarien der weiteren Preisentwicklung der Betriebsstoffe sowie der Haltbarkeit der Antriebsbatterien und der damit verbundenen Neuanschaffungen erlauben Prognosen, unter welchen Voraussetzungen sich die Mehrkosten für das Hybridsystem amortisieren bzw. wie groß der Differenzbetrag nach der regulären Nutzungsdauer zueinander ausfällt.

Simulationen und Berechnungen erlauben Rückschlüsse auf weitere Einsparpotentiale durch Fahrzeugweiterentwicklungen. So kann u. a. abgeschätzt werden, wieviel Kraftstoff durch eine Stopp / Start-Automatik, bei der mechanischen Entkopplung der Nebenverbraucher, bei Einsatz eines prädiktiven Energiemanagements und bei der Verwendung eines kleineren Dieselmotors (Downsizing) eingespart werden können. Darüber hinaus ist es möglich den Kraftstoffverbrauch auf weiteren Linien eines Netzes zu prognostizieren bzw. mögliche Einflüsse durch Modifikationen an der Liniencharakteristik abzuschätzen.

Für die Marktfähigkeit der Hybridtechnologie ist deren Akzeptanz durch das Fahrpersonal, das Werkstattpersonal sowie durch die Fahrgäste von großer Bedeutung. Mit umfassenden Befragungskampagnen können die Bedienbarkeit, die Fahreigenschaften, die Wartungsfreundlichkeit sowie die Auswirkungen auf die Innenraumgestaltung der Fahrzeuge bewertet und mögliche Problemlösungen angeboten werden.

Referenzen

SaxHybridPLUS - Energiespeichersysteme für Hybridbusse mit qualifiziertem Energiemanagement – Projekt des Schaufensters Elektromobilität Bayern – Sachsen; 2013 – 2016; Auftraggeber: BMVI; Ansprechpartner: Projektträger VDI/VDE (Tel.: 030/3100780); Adaptives Energie- und Leistungs-management für Plug-In-Hybridbusse, Test eines Plug-In-Hybridbusses in Dresden und Leipzig

BMU-Prüfprogramm »Effizienz-, Kosten- und Einsatzanalyse für den Linienbetrieb von Dieselhybrid-bussen«; 2014 – 2015; Auftraggeber: VCDB als Auftragnehmer des BMUB; Ansprechpartner: Herr Jürgen Lange (Tel.: 0351/4823124); Streckenanalyse und Empfehlungen für den optimalen Linien-einsatz von Hybridbussen auf Basis unterschiedlicher Einsatzbedingungen; Anforderungen an das Fahrpersonal und Analyse des Fahrereinflusses auf die Fahrzeugeffizienz

Wissenschaftlich-technische Begleitung des Langzeittests eines Hybridbusses im Vergleich; 2014 – 2015; Auftraggeber: ViP Verkehrsbetrieb Potsdam GmbH Ansprechpartner: Herr Oliver Glaser (Tel.: 0331/ 66141000); Erfassung der Betriebsdaten eines Hybrid- und Dieselbusses im Vergleich; Bewertung hinsichtlich Energieeffizienz; Akzeptanz der Hybridbustechnologie beim Fahrpersonal

Begleitforschung »Hybridbusse für einen umweltfreundlichen ÖPNV«; 2010 – 2012; Auftraggeber: VCDB GmbH als Auftragnehmer des BMU; Ansprechpartner: Herr Jürgen Lange (Tel.: 0351/ 4823124); Bewertung der Hybridtechnologie hinsichtlich Energieeffizienz; Erfassung von Betriebs-daten im Verbund RegioHybrid; Akzeptanz der Hybridbustechnologie, Empfehlungen für den Linieneinsatz im Verbund RegioHybrid

Fachliche Begleitung der Einführung verschiedener Hybridbustypen in München; 2011; Auftraggeber: MVG; Ansprechpartner: Herr Franz Fendt (Tel.: 089/21914210); Bewertung der Hybridtechnologie bzgl. Energieeffizienz und Kosten, vergleichende Erfassung von Betriebsdaten verschiedener Hybrid- und Dieselbustypen, Befragungen zur Akzeptanz der Hybridbustechnologie durch Fahrer und Fahrgäste

Fachliche Begleitung der Einführung eines Gelenk-Hybridbusses der Fa. Solaris in Dresden; 2008 – 2009; Auftraggeber: DVB AG; Ansprechpartner: Herr Mino Weber (Tel.: 0351/ 8571454); Bewertung der Hybridtechnologie hinsichtlich Energieeffizienz und Kosten; vergleichende Erfassung von Betriebsdaten eines Hybrid- und eines Dieselreferenzbusses, Optimierung des Hybridbusses hinsichtlich Dieselverbrauch, Empfehlungen für den Linieneinsatz

Fachliche Begleitung der Einführung eines Gelenk-Hybridbusses der Fa. Solaris in Hannover; 2008 – 2009; Auftraggeber: üstra; Ansprechpartner: Herr Jens Ernsting (Tel.: 0511/16682685); Bewertung der Hybridtechnologie hinsichtlich Energieeffizienz und Kosten; vergleichende Erfassung von Betriebsdaten eines Hybrid- und eines Dieselreferenzbusses