Prüfung galvanischer Hochstromkontakte

Ausgangssituation

Messaufbau

Der Anteil elektrisch angetriebener Fahrzeuge im Straßenverkehr vergrößert sich kontinuierlich. Voraussetzung für das Attraktivieren dieser Antriebsform ist u. a. die Möglichkeit zum schnellen Aufladen des Fahrzeugenergiespeichers.

Kurze Ladezeiten bedingen große Ladeleistungen und damit die Einwirkung von großen elektrischen Strömen auf die Kontaktstelle. Verursacht durch den unvermeidbaren Übergangswiderstand kommt es zu einem Spannungsabfall. Diese Spannungsdifferenz führt zu einem Verlust an Nutzenergie, die an der Kontaktstelle in Wärme umgewandelt wird und dadurch für den Ladevorgang nicht mehr zur Verfügung steht. Gleichzeitig kommt es zu einer ungewollten Erhitzung des Systems. Daraus resultieren Belastungserscheinungen wie erhöhter thermischer und mechanischer Verschleiß bis hin zur Zerstörung.

 

Schwerpunkte

 

Das Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI bietet die Entwicklung von Systemlösungen für die schnelle Übertragung elektrischer Energie auf Fahrzeuge an. Dabei steht eine durchgehende Betrachtung vom Einzelkontakt bis zum vollständigen Kontaktsystem im Vordergrund.

Arbeitsschwerpunkte hierbei sind:

  • Entwurf und Konstruktion von Komponenten und Systemen zur Stromübertragung für die Schnellladung elektrisch betriebener Fahrzeuge,
  • zeitlich hochauflösende Messungen und Analyse des dynamischen Verhaltens,
  • modellbasierte Auslegung und Optimierung von systemrelevanten Parametern,
  • Untersuchungen zur Eignung unterschiedlicher Kontaktmaterialien, spezifischer geometrischer Gestalt und unterschiedlicher Kontaktkräfte.

 

Methodik

Verlauf von Temperatur und Verlustleistung während fünf aufeinanderfolgender Hochstromübertragungen
Temperaturverteilung im Prüfkörper

Eine Herausforderung bei der Erfassung des Erwärmungsprozesses während der Stromübertragung stellt der hochdynamische Vorgangsablauf dar. Dieser setzt spezielle, zeitlich hochauflösende Messinstrumente voraus, um quantitative Aussagen über die Einflussparameter treffen zu können. Dabei erschwert die Vielzahl unterschiedlicher Einflussgrößen, wie z. B. die elektrischen, mechanischen oder thermischen Merkmale der Kontaktpaarung, die Auslegung und Optimierung des Systems. 

Bis ein vollständiges Kontaktsystem in die Infrastruktur des Betreibers integriert werden kann, stellt sich eine ganzheitliche Betrachtung vom Einzelkontakt bis zum integrierten System als notwendig dar. Als Ausgangspunkt hierbei gilt die Auswahl passender Kontaktmaterialien sowie die Festlegung geeigneter geometrischer Formen und zugehöriger Kontaktkräfte. Diese Faktoren beeinflussen maßgeblich das thermische und mechanische Verhalten der einzelnen Bauteile. 

Zusätzlich erfolgt über die Oberflächenstrukturierung und -beschichtung die Beeinflussung der elektrischen und mechanischen Eigenschaften. Beim Zusammenfügen der Einzelkörper zu einem Gesamtsystem muss deren gegenseitige Wechselwirkung Berücksichtigung finden.

Technische Ausstattung

Beispielkonfiguration einer Kontaktpaarung

Zur Charakterisierung von Kontaktkörpern und -systemen für die Hochstromübertragung wurde am Fraunhofer IVI ein Prüfstand entwickelt und aufgebaut. Aufgrund der schnellen Messwerterfassung lassen sich auch dynamische Abläufe untersuchen und automatisch auswerten: 

  • Abtastrate der Steuer- und Messsignale 5 Hz bis 220 kHz,
  • Kontaktwiderstände > 5 μΩ,
  • Kontaktkräfte im Bereich 5 bis 500 N,
  • Stromübertragung bis 3000 A.

Die experimentellen Untersuchungen werden durch modellbasierte Simulationen des thermischen und mechanischen Verhaltens der Kontaktpartner begleitet, so dass die Wirkungszusammenhänge zwischen einzelnen Eingangsparametern und deren Einfluss auf das Gesamtsystem erfassbar sind. Für die Weiterentwicklung und Optimierung der untersuchten Bauteile ergibt sich damit der Verzicht auf aufwendige Tests. Dieses Vorgehen führt zu einer Zeit- und Kosteneinsparung.

 

Leistungsangebot

  • Konzeption, Simulation, Umsetzung und Erprobung von Systemlösungen für die schnelle Übertragung von elektrischer Energie
  • Charakterisierung elektrischer Kontaktpaarungen zur Stromübertragung
  • Typisierung von Batteriekontakten
  • Thermische Untersuchungen

Anwendungsbeispiele

  • Entwicklung und Erprobung geeigneter Kontaktierungs- bzw. Verbindungskonzepte für SuperCap-Zellen, »FSEM – Fraunhofer-Systemforschung Elektromobilität«, 2009-2011
  • Prototypische Entwicklung eines Kontaktsystems für die Schnellladung von elektrischen Fahrzeugen, »FSEM – Fraunhofer-Systemforschung Elektromobilität«, 2009-2011
  • Charakterisierung der elektrischen Widerstände an geschweißten Metallverbindungen, Fraunhofer IVI, Fraunhofer IWS, 2012
  • Kontaktprüfungen einer industriellen Lösung für die Schnellladung eines ÖPNV-Busses, »SEB-EDDA-Bus«, 2014-2016
  • Kontaktprüfungen eines Ladesystems für die Schnellladung von elektrischen Fahrzeugen, »AULA«, 2016-2019
  • Charakterisierung der elektrischen Widerstände an geschweißten Metallverbindungen, Volkswagen AG, 2020

Referenzen

Büchner, S.; Klausner, S.: Vollelektrischer Bus-Linienbetrieb nach dem DockingPrinzip. In: Elektrische Bahnen Jg. 113 (2015), Nr. 1, München, Dt. Industrieverlag, S. 44-53, ISSN: 0013-5437

Klausner, S.: Vom Diesel- zum Batteriebus – aber wie? In: V+T – Verkehr und Technik, Jg. 69 (2016), Nr. 4/ Nr. 5, Berlin, Erich Schmidt Verlag, S. 122-124/ S. 157-160

Klausner, S.: Automatisierte Schnellladesysteme. IZBE-Symposium Alternative urbane Mobilitätskonzepte für den ÖPNV/SPNV – Dieselantriebe vor dem Aus? Leipzig, 2.-3. April 2019

Klausner, S.; Lehnert, M.: Betriebsspezifische Auslegung von Energiespeichern für Straßenbahnen. In: Elektrische Bahnen Jg. 106 (2008), Nr. 5, Berlin, Georg Siemens Verlag, S. 237ff, ISSN: 0013-5437

Lehnert, M.; Klausner, S.; Gamsizlar, Ö.; Nieberle, R.: Neuartige Schnellladeeinrichtung für Traktionsenergiespeicher auf Stadtbahnen. 22. Verkehrswissenschaftliche Tage, Dresden, 28.-29. September 2009

 

www.edda-bus.de

 

Klausner, S.; Seiler, C.; Vorwerk, T.: Neue Deutsche Patentanmeldung »Unterflur-Kontaktsystem« unter dem Amtlichen Kennzeichen 10 2017 204 608.2 am 20.März 2017

Klausner, S.; Seiler, C.; Vorwerk, T.: Neue Deutsche Patentanmeldung »Unterflur-Kontaktsystem« unter dem Amtlichen Kennzeichen 10 2017 218 226.1 am 12. Oktober 2017 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 20. März 2017

Klausner, S.; Seiler, C.; Vorwerk, T.: Internationale Anmeldung »Unterflur-Kontaktsystem« unter dem Amtlichen Kennzeichen PCT/EP2018/056911 unter Inanspruchnahme der Priorität vom 20. März 2017