Unterbodenladesystem

Konzept und Funktionsweise des Unterbodenladesystems

Für die Erzielung hoher Reichweiten sind – analog zum herkömmlichen Tankvorgang – in kürzester Zeit hohe Energiemengen zu übertragen. Mit der wachsenden Anzahl automatisierter Fahrzeuge wird dieser Ladevorgang vom Positionieren bis hin zur Abrechnung automatisch erfolgen können.

Erfolgreiche Praxistests mit dem Prototypen im Projekt AULA

Ausgangssituation

© Fraunhofer IVI
© Fraunhofer IVI
Vergleich der Nachladesysteme

Für das Nachladen von Elektrofahrzeugen existieren am Markt derzeit verschiedene Systeme. Sollen hohe Leistungen übertragen werden, kommen prinzipbedingt nur konduktive, d. h. kontaktbehaftete Systeme (Ladekabel mit Stecker) in Frage. Diese flexiblen Lösungen begrenzen jedoch die Leistungsfähigkeit des Ladesystems auf ca. 150 bis 200 kW Ladeleistung und sind für Schnellladesysteme mit höherer Leistung nicht geeignet. 

Für dieses Einsatzszenario hat das Fraunhofer IVI ein vollautomatisches Nachladesystem entwickelt, das die Leistungsbegrenzung herkömmlicher Stecker-Kabel-Einheiten überwindet.

Mittels der neuen Technologie lassen sich für den Bereich der elektrischen Pkw ein und bei Lkw zwei Megawatt Ladeleistung übertragen. Dies geschieht ohne Zutun eines Bedieners vollautomatisch, zuverlässig und sicher. Das System verfügt über 

  • nur eine Schnittstelle für Schnell- und Langsamladung, 
  • keine Beschränkung der Ladeleistung sowie 
  • einen hohen Bedienkomfort durch vollständige Automatisierung.

Die Nutzung eines Ladekabels wird somit der Vergangenheit angehören. 

Fahrzeugschnittstelle

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Besonderes Augenmerk wurde bei der Entwicklung auf eine simple und wartungsfreundliche Technologie gelegt. Die Fahrzeugkomponente muss – entsprechend der Vorgaben der Automobilindustrie – besonders klein, leicht und aufgrund perspektivisch hoher Stückzahlen kostengünstig sein. Außerdem sind folgende Randbedingungen zu erfüllen: 

  • kompatibel mit DIN EN 61851-23-1
  • 2,5 Liter Einbauvolumen
  • 2,0 kg Gesamtgewicht
  • passive Baugruppe
  • einfache Fahrzeugintegration bzw. Nachrüstung
  • kompatibel mit der Infrastruktur für den öffentlichen und den privaten Bereich

 

Öffentlicher Bereich (Stromtankstelle)

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Durch die hohe übertragbare Ladeleistung des Systems ist es möglich, dass der Nachladevorgang zeitlich mit dem konventionellen Tankvorgang vergleichbar wird. 

Geeignete Installationsorte für die weg-seitige Ladeschnittstelle sind somit heutige Tankstellen. Die Ladeaktorik wird hierzu in einem kompakten Schachtsystem ca. 70 cm in die Fahrbahn eingelassen und von den nachzuladenden Fahrzeugen überfahren. Die sich einstellenden zeitlichen Abläufe an einer solchen Stromtankstelle resultieren in ca. 10 bis 20 Ladevorgängen an einem Kontaktsystem pro Stunde. 

Um einen reibungslosen Ablauf über mehrere Jahre zu gewährleisten, wurde bei der Entwicklung besonders auf Einfachheit, Robustheit, Langlebigkeit und geringen Wartungsaufwand geachtet:

  • 1 MW Ladeleistung bei Pkw (bis 3,5 t)
  • 600 km Reichweite in 5 Minuten
  • 2 MW Ladeleistung bei Lkw
  • 100 km Reichweite in 3 Minuten
  • vollständig automatisierter Ladevorgang
  • integrierter Ausgleich von Positions-toleranzen
  • überfahrbar, Belastungsklasse D400
  • Abmessungen Fahrbahnintegration
  • 763 mm x 550 mm
  • Bautiefe 665 mm

 

Privater Bereich (Garage)

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Für das Nachladen in der eigenen Garage bietet das Fraunhofer IVI ebenfalls eine kostengünstige und einfache Lösung an.  

Dieses System wird lediglich auf den Garagenboden aufgelegt. Die hier realisierbare Ladeleistung ist durch die typische Limitierung des Hausanschlusses beschränkt:

  • Nachladung im nicht öffentlichen Raum
  • 600 km Reichweite in 5 Stunden 
  • einfache Installation
  • Abmessung Garagenintegration
  • 650 mm x 650 mm
  • Bauhöhe 75 mm

Die Möglichkeit des Nachladens im privaten Bereich gestattet die Nutzung dieser neu entwickelten Ladetechnologie bereits vor der flächendeckenden Einführung des automatisierten Schnellladesystems.

 

Sicherheit und Standardisierung

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Kurze Ladezeiten bedingen hohe Systemspannungen von bis zu 1250 VDC und hohe Ladeströme von 2000 A und darüber. Entsprechend müssen die Kontaktsysteme besonders sicher und zuverlässig ausgeführt werden. 

Dies betrifft sowohl den Berührschutz, die Vermeidung von Lichtbögen oder ungewollten Erwärmungen als auch die abgesicherte Ladeablaufsteuerung. Des Weiteren wurden grundlegende Sicherheitsbestimmungen, z. B. bezüglich Einklemmen und Ausrutschen, beachtet. 

Das Fraunhofer IVI begleitet die Entwicklung der Systeme durch aktive Mitarbeit in nachfolgenden Standardisierungsgremien und Interessenverbänden auf nationaler und internationaler Ebene:

  • Gründungsmitglied des DKE-Arbeitskreises 353.0.13 (Konduktives automatisches Laden)
  • Mitglied des internationalen Spiegelgremiums IEC-TC69-WG14 (EV supply equipment with automated connection of a vehicle coupler)
  • Lösungsvorschlag »Automated Charging Device Underbody (ACD-U)« für privates und öffentliches Laden (Annex D der in Bearbeitung befindlichen zukünftigen Norm IEC 61518-26)
  • Stellvertretende Leitung der Arbeitsgruppe »ACD-U« der Charging Interface Initiative e. V. (CharIn)
  • Gründungsmitglied des DKE-Arbeitskreises 542.4.8 (ACD-U Interface)
  • Mitarbeit im DKE-Arbeitskreis 353.0.02 (Mega-Charging-System MCS)