PM10-Prognosemodell

Ausgangssituation

Der bewusstere Umgang mit den begrenzten natürlichen Ressourcen hat in den letzten Jahren erheblich an gesellschaftlicher Aufmerksamkeit gewonnen. Mit den seit 2005 einzuhaltenden Feinstaubgrenzwerten (22. BImSchV) steht die Reinhaltung der Luft derzeit im besonderen Blickpunkt des öffentlichen Interesses.

Die eindeutige Zuordnung der Immissionsanteile zu natürlichen oder anthropogen verursachten Emissionen, die Quantifizierung der Wirksamkeit luftreinhaltender Maßnahmen oder auch die Bewertung der meteorologischen oder standortspezifischen Ausbreitungsbedingungen sind nach wie vor weitgehend ungelöste Probleme.

Die Kommunen sehen sich derzeit in der komplizierten Situation, einerseits durch nationales Recht verpflichtet zu sein, europäische Luftqualitätsstandards durch geeignete Maßnahmen einzuhalten, andererseits jedoch weder über objektive Kriterien noch ausreichende Sachkenntnis zu verfügen, Immissionsbelastungen und Maßnahmen zur Luftreinhaltung in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich verlässlich bewerten und angemessen anordnen zu können.

Hierbei sollen die am IVI entwickelten Methoden des PM10-Datenscreenings und der PM10-Immissionsprognose Unterstützung bieten.

Projektbeschreibung

Schwankungen der PM10-Konzentration an einer Stuttgarter Straßenstation innerhalb des Jahres 2003 im Vergleich zum Niederschlag

Die Datenbasis der modellgestützten Auswerteverfahren bilden die umfangreichen Datenreihen aus den automatischen Messstationen der Luftmessnetze zu den wesentlichen Luftschadstoffen unter anderem auch Feinstaub PM10. Die Messdaten stehen mit hoher Auflösung in dichter zeitlicher Abfolge über lange Zeithorizonte zur Verfügung.

Screeningfunktionen basieren auf leistungsfähigen Methoden der Signalanalyse und erlauben, aus großen Messdatensätzen statistisch relevante Wirkzusammenhänge, beispielsweise zwischen dynamisch veränderlichen Verkehrsflüssen und lokalen Immissionsbelastungen oder zwischen Witterungsverläufen und Immissionsspitzen, zu extrahieren.

Die am IVI entwickelten Screeningfunktionen

  • eliminieren redundante Prozessinformationen aus großen Messdatensätzen,
  • berücksichtigen zeitveränderliche Signale wie typische Ganglinienformen und deren charakteristische Veränderungen und
  • reduzieren das Luftqualitätsmonitoring auf wenige, statistisch signifikante Signale.

Im Ergebnis dieser Untersuchungen können gezielte statistische Auswertungen durchgeführt werden.

Die Auswertungen haben gezeigt, dass insbesondere die Meteorologie und die Standortbedingungen einen übergeordneten Einfluss auf die Immissionssituation haben. So dominieren ungünstige meteorologische Bedingungen, wie zum Beispiel lang anhaltende niederschlagslose Zeiträume oder Inversionswetterlagen die Feinstaub-Immissionen weit stärker als Veränderungen in den Verkehrsströmen.

Ergebnis

Feinstaub-Prognose im Vergleich zur tatsächlich gemessenen PM10-Konzentration

Aufbauend auf den Erkenntnissen aus dem Datenscreening an mehr als 30 Messstationen wurde am Fraunhofer IVI ein PM10-Prognosemodell entwickelt. Es basiert ebenfalls auf den gemessenen Langzeitimmissionsdatenreihen und nutzt geeignet strukturierte neuronale Netze zur Vorhersage der Schadstoffkonzentrationen.

Unter Berücksichtigung der Wetterlage bietet das Modell die Möglichkeit, die mittlere PM10-Konzentration für die nächsten beiden Folgetage vorherzusagen (Bild 2). Gleichzeitig kann anhand dessen gezeigt werden, welches Reduktionspotential verkehrsbeschränkende Maßnahmen tatsächlich bieten. Unter bestimmten Witterungs- und Ausbreitungsbedingungen kann das Überschreiten von PM10-Grenzwerten lediglich kurzfristig herauszögert und nur in Schwellensituationen vermieden werden.

Referenz

Das PM10-Immissionsmodell des Fraunhofer IVI war über mehrere Jahre im Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) im praktischen Einsatz.